Blick von hinten aufs Publikum und einen Teil der Podiumsgäste der Veranstaltung "Nahost in Neukölln"

3. Mai 2024

Rückblick: Nahost in Neukölln – Diskussion in Respekt

Begegnung und Dialog waren die Stichworte am Abend des 25. April auf unserer Diskussionsveranstaltung „Nahost in Neukölln“. Um die 100 Menschen waren unserer Einladung ins Nachbarschaftsheim Körnerkiez gefolgt.Wir hatten 3 Projekte eingeladen, die sich in Neukölln gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus einsetzen. Diskutiert wurde die Frage: Wie können wir nach dem 7. Oktober Brücken bauen? Die Moderation übernahmen Lissy Eichert und Kalle Lenz aus der Katholischen Kirchengemeinde St. Christophorus Nord-Neukölln.

Raum für Dialog

Clara Debour organisiert als Lehrerin am Campus Rütli einen „Nahost-Kurs“ für die 9. und 10. Klasse mit. Ziel des Kurses ist es Hintergrundwissen zu vermitteln, Medienkompetenzen zu stärken sowie verschiedene Perspektiven aufzuzeigen und Emotionen Raum zu geben. „Aktuell gibt es viel Wut und Trauer, die Räume brauchen, und manchmal alle Seiten überfordern.“ Als wenig hilfreich kritisierte sie den öffentlichen Diskurs in Politik und Medien: „Der Umgang mit Neukölln treibt die Polarisierung voran. Jugendliche fühlen sich nicht gesehen, fühlen sich nicht akzeptiert und wohl in einem Land, in dem sie geboren sind.“

Wie wichtig das Raumgeben für die eigene Biografie sei, um Dialog zu ermöglichen, betonte auch Ender Ҫetin von der Initiative Meet2Respect. Gemeinsam mit einem Rabbi besucht der Imam Schulklassen, um interreligiöse Vorurteile abzubauen. „Wir verlieren Jugendliche an TikTok-Imame, weil es ihnen auch nicht gut geht und ihre Geschichten in Schulen oft keinen Platz haben“, sagt er.
Für viele Jugendliche sei ihr Besuch die erste bewusste Begegnung mit einem Menschen jüdischen Glaubens. Er ist sich sicher, dass diese Begegnungen wichtig sind, im Gespräch mit den Klassen könnten sie oft erste Ansätze von Empathie schaffen.

Begegnungen bewirken viel

Was Begegnungen bewirken können, sehen sie auch im Projekt Shalom Rollberg: „Im Laufe der Zeit entstehen freundschaftliche Kontakte, die den Konflikt in den Hintergrund treten lassen“, so Josefin Prescher, Leiterin des Projekts. In Shalom Rollberg engagieren sich Israelis mit verschiedenen Freizeitangeboten für die Kinder des Viertels aus meist muslimischen Familien. Sie ist froh, aber auch ein bisschen überrascht, dass das Projekt weiter so gut läuft. Trotzdem haben die Ereignisse des 7. Oktobers natürlich spürbare Auswirkungen: „Seit dem 7. Oktober gibt es mehr Hemmungen mitzumachen, aber auch Leute, die sich als Mentor:innen jetzt erst recht engagieren wollen.“

Fazit: Eine wichtige Voraussetzung um Begegnungen und Dialog zu ermöglichen, sahen alle drei Projektvertreter:innen darin, dass alle Biografien Raum im öffentlichen Diskurs, in der Schule und in den Projekten finden müssten. Dass dieser Raum oft nicht gegeben werde, treibe die gesellschaftliche Polarisierung voran und erschwere ihre Arbeit.

In der anschließenden Fragerunde mit dem Publikum zeigte sich, dass sich noch viele weitere Menschen in Neukölln mit Begegnungen und Dialog gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus engagieren. Auch wenn unterschiedliche Positionen zu Wort kamen, gab es einen Konsens: Für ein gelingendes Miteinander braucht es einen respektvollen und wertschätzenden Austausch. Zumindest an diesem Abend war das – auch Dank der Moderation – gelungen.

Artikel zur Veranstaltung finden sich auch hier:

Artikel in der taz: https://taz.de/Nahost-Konflikt-in-der-Jugendarbeit/!6007115/
Artikel im Facetten – Magazin aus Berlin-Neukölln
Das Wort zum Sonntag vom 4. Mai 2024

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