Interview mit Recep und Lorenzo aus unserem Mentorenprojekt Neukölln
„Wir sind die Besten!“, sagt Recep gleich am Anfang des Treffens. Das ist kein Scherz, er meint es ernst. Sein Mentor Lorenzo nickt zustimmend und lächelt entspannt. Dass die Chemie zwischen den beiden stimmt, merkt man sofort.
Überhaupt ist Lorenzo das ganze Interview über tiefenentspannt. So auch bei der Frage, was ihn motiviert hat Mentor zu werden. Das war für ihn ein ganz natürlicher Schritt: „Ich bin selber Aufsteigerkind. Der erste in der Familie, der studiert hat. Als ich nach Berlin kam, wollte ich meine Erfahrungen weitergeben und habe gezielt nach Mentorings gegoogelt. Es gibt so viele qualifizierte junge Leute, die nicht genug kulturelles Kapital haben, um Zugang zu unserem Bildungssystem zu erhalten. Vieles ist umso schwerer, wenn es niemanden zu Hause gibt, der dir das vorlebt oder dich unterstützen kann.“ Wichtig finde er, als Mentor*in nicht mit (zu) konkreten Vorstellung an das Mentoring ranzugehen: „Mentees sind keine Projektionsfläche, alle sind individuell.“
Ebenso wie Lorenzo, hat sich auch Recep freiwillig für das Mentoring entschieden, wenn auch am Anfang etwas zögerlich. Sein Hauptziel war es, selbstbewusster in der Schule sein Wissen und Vorträge präsentieren zu können. Denn er war schüchtern und seine Deutschlehrerin entmutigte ihn zusätzlich: Sie glaubte nicht, dass er überhaupt den Schulabschluss schafft.
„Lorenzo ist wie ein Bruder und Vorbild für mich. Er hat mir auf jeden Fall weitergeholfen. Ich bin offener geworden und auch selbstbewusster in Prüfungen und bei Präsentationen.“ Gemeinsam lasen sie „Momo“ und jede Woche präsentierte Recep vor seinem Mentor ein Kapitel daraus. Zusätzlich lernten sie gemeinsam für die anstehenden Prüfungen. Zu seinem eigenen Erstaunen kam er ausgerechnet im Fach Deutsch auf eine Zwei. Mit dem Schülertheater feierte er einen wunderbaren Bühnenerfolg – als Romeo.
Recep sagt: „Wenn du willst, kannst du das wirklich. Viele Sachen wären nicht so schwer gewesen, wenn ich jemanden gehabt hätte, der mir sie gut erklären kann. Hätte jeder so etwas wie Lorenzo und ich, wäre es für jeden Schüler einfacher. Es fehlt manchmal eine Hand, die einem gereicht wird.“
Auch Lorenzo, der an der Uni in Frankfurt (Oder) arbeitet, hat viel aus seinen Erfahrungen mit Recep mitgenommen: „Für mich als Lehrenden habe ich daraus gezogen, den Stoff zugänglicher zu gestalten.“ Doch ihr Mentoring ist für Recep und Lorenzo viel mehr als bloße Schulhilfe oder berufliche Weiterentwicklung: Freundschaft, Verbundenheit, Familie und Kultur – ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Wenn sie da so sitzen und gemeinsam erzählen, sieht man ihnen an, dass sie Freunde fürs Leben geworden sind.
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